Höhere Löhne, Kaufkraft und Umverteilung des Reichtums

Der OGBL hat das automatische Indexsystem verteidigt und wird es auch weiterhin verteidigen: Im Jahr 2022 haben die Regierung und das Patronat mit Hilfe des LCGB und der CGFP den Index angegriffen und diesen Pfeiler des Luxemburger Modells in Gefahr gebracht. Der OGBL war die einzige Gewerkschaft, die sich dem widersetzte: in den Betrieben, auf der Straße und in den Medien verteidigten die OGBL-Militanten den Index. Das Indexsystem ist das Primärinstrument zur Erhaltung der Kaufkraft angesichts der Preisinflation. Der OGBL wird niemals akzeptieren, dass diese Errungenschaft der Gewerkschaftsbewegung angegriffen oder manipuliert wird und das haben wir bewiesen.

Der OGBL verhandelt regelmäßig über 240 Kollektivverträge (CCT) in allen Wirtschaftszweigen zusammen. Die Industriesyndikate innerhalb des OGBL verhandeln über 90 Kollektivverträge, die mehr als 20.000 Arbeitnehmer/innen abdecken. Die Löhne sind ein zentraler Bestandteil der Kollektivvertrags-verhandlungen mit progressiven Lohntabellen, die die Fähigkeiten, das Dienstalter und die Erfahrung der Arbeitnehmer/innen anerkennen. Dieser Ansatz gewährleistet eine faire und transparente Entlohnung, indem die Anstrengungen der Arbeitnehmer/innen durch eine Umverteilung des Reichtums an die, die ihn geschaffen haben, gewürdigt werden.

Leider liegen die Löhne in einigen Unternehmen des Industriesektors auf dem Niveau des gesetzlichen Mindestlohns oder nähern sich diesem immer weiter an. Organisationsbemühungen der Arbeitnehmer/innen in diesen Niedriglohnbetrieben sind im Gange mit dem Ziel, neue Kollektivverträge mit besseren Löhnen und Arbeitsbedingungen auszuhandeln. Der OGBL setzt sich für die Aushandlung von Kollektivverträgen ein, die faire und harmonische Arbeitsbedingungen für alle garantieren, überall dort, wo sie die Wahlen gewinnen und eine entsprechende Nachfrage seitens des Personals besteht.

Um eine größere Abdeckung durch Kollektivverträge zu fördern, ist eine Gesetzesreform erforderlich, die (sektorale) Verhandlungen erleichtert, die Schlichtungsverfahren überarbeitet und die gewerkschaftlichen Möglichkeiten durch ein Warnstreikrecht erweitert.

Gleichzeitig zu den Bemühungen in den Unternehmen drängen wir auf Maßnahmen, die die Zahl der „Working Poor“ senken, angefangen mit einer strukturellen Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns um 10% (250€ für nicht qualifizierte Arbeitnehmer/innen und 300€ für qualifizierte Arbeitnehmer/innen), um allen Menschen ein menschenwürdigeres Leben zu ermöglichen. Der Kampf gegen erzwungene Teilzeitarbeit wird fortgesetzt, Vollzeitverträge müssen die Norm bleiben. Ebenso muss der unbefristete Arbeitsvertrag (CDI) die Norm bleiben und der Rückgriff auf befristete Verträge oder Leiharbeitsverträge muss begrenzt werden. Der Einsatz von Leiharbeitnehmer/innen sollte nur zu Stoßzeiten die Ausnahme sein. Ein unbefristeter Vollzeitvertrag bietet den Arbeitnehmer/innen und ihren Familien mehr Sicherheiten und Perspektiven.

Wir bestehen auf die Wertschätzung der Intensität, des Stresses und der Beschwerlichkeit der Arbeit, indem alle Arbeitsrhythmen, -arten und -bedingungen identifiziert werden, um die Arbeitnehmer/innen in der Industrie angemessen dafür zu entschädigen. Die Arbeitnehmer/innen erwirtschaften mit ihrer Arbeit die Gewinne der Unternehmen. In dieser Logik fordert der OGBL Gewinnbeteiligungsprämien.

Der Weg vom Wohnort zum Arbeitsplatz ist für die Arbeitnehmer/innen zu einer immer größeren zeitlichen und finanziellen Belastung geworden. Die Buslinien, die die Industriegebiete erschließen, müssen erhalten und ausgebaut werden. Um der Kaufkraftkrise entgegenzuwirken, muss die Kilometerpauschale erhöht werden.

Arbeitszeitverkürzung bei voller Lohnfortzahlung

Die Arbeitszeitverkürzung ist eine der Hauptforderungen der Gewerkschaftsbewegung. Auf nationaler Ebene wurden die wöchentlichen Arbeitszeiten seit den 1970er-Jahren nicht mehr verkürzt. In einigen Kollektivverträgen hat der OGBL Kürzungen der Arbeitszeiten ausgehandelt. In einer Situation steigender Produktivität und Arbeitsintensität glauben wir fest an die Notwendigkeit einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit bei gleichzeitiger voller Lohnfortzahlung. Der OGBL fordert die Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf nationaler Ebene und die Umsetzung wird in den Kollektivverträgen zu definieren sein. Vor allem in den Industriezweigen mit vielfältigen Fallbeispielen der Arbeitsorganisation müssen die Situationen von Fall zu Fall überprüft werden.

Um die Work-Life-Balance zu verbessern, unterstützt der OGBL auch die Einführung von bezahlten Pausen und der 6. Urlaubswoche, um das Wohlbefinden und die Produktivität zu fördern. Um den Arbeitnehmer/innen mehr Autonomie zu gewähren, sind die Einrichtung von Zeitsparkonten (CET) und klar definierten Gleitzeitregelungen von entscheidender Bedeutung. Klare Arbeitszeiten und zusätzlicher Sozialurlaub werden es den Arbeitnehmer/innen ermöglichen, ihre Arbeitszeit flexibler zu gestalten und auf ihre persönlichen und familiären Bedürfnisse abzustimmen, um die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben weiter zu fördern.

Der OGBL verteidigt das Recht auf Teilzeitarbeit mit dem Recht auf Rückkehr in eine Vollzeitbeschäftigung, um mehr Flexibilität in den Karrieren zu bieten und den individuellen Bedürfnissen der Arbeitnehmer/innen gerecht zu werden.

Das Recht auf Abschaltung muss mit klaren Grenzen eingeführt werden, die es den Arbeitnehmer/innen ermöglichen, sich außerhalb der Arbeitszeit ohne Sorge von der Arbeit zu lösen, um die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben zu verbessern. Schließlich bestehen wir auf einer gerechten Anerkennung aller Arbeitsstunden, unabhängig davon, wo sie geleistet werden. Industriearbeitnehmer/innen müssen eine Anerkennung für ihre Bemühungen und die Zeit, die sie der Arbeit widmen, erhalten, unabhängig davon, ob sie vor Ort oder im Telearbeitsverhältnis tätig sind.

Plan zur Reindustrialisierung für mehr Resilienz und soziale Gerechtigkeit

Die Zahl der Arbeitsplätze im Industriesektor in Luxemburg ist seit Jahren rückläufig, was zum einen auf die Profitgier der Aktionäre und zum anderen auf unnötige Umstrukturierungen zurückzuführen ist. Die zahlreichen Krisen der letzten Jahre haben gezeigt, wie wichtig die Produktion und die industriellen Tätigkeitsbereiche für die Stabilität der Gesellschaft und der Wirtschaft sind.

Es erscheint selbstverständlich, dass wesentliche Produktionsbetriebe nicht mehr an Großkonzerne aus Drittländern, die ausschließlich im Interesse des Kapitals entscheiden, veräußert werden dürfen. Der OGBL weiß, dass das alleinige Streben nach Rentabilität und die Entlohnung der Aktionäre meist zu Auslagerungen, Entlassungen oder noch schlimmer zu Schließungen führt. Auf keinen Fall dürfen die Arbeitnehmer/innen und ihre Familien die sein, die unter den Folgen von Entscheidungen leiden, die aus schlecht konstruierten und geldgierigen Prioritäten resultieren. Es muss ein nationaler Plan für Investitionen in strategische, wesentliche und miteinander verbundene Industrien aufgestellt werden, um Autonomie und Resilienz unter Berücksichtigung des ökologischen Wandels zu fördern und gleichzeitig stabile, qualitativ hochwertige Arbeitsplätze zu erhalten und zu schaffen.

Es bedarf einer Verschärfung der Rechtsvorschriften, um den Sozialdialog bei Arbeitsplatzerhaltungsplänen (PME) oder Sozialplänen aufzuwerten, um den Missbrauch dieser Maßnahmen zu verhindern. Dies bedeutet, dass die Unternehmen verpflichtet werden müssen, den PME als Vorstufe zu einem Sozialplan zu betrachten, und dass die Fristen und die zu übermittelnden Informationen überarbeitet werden müssen, um ernsthafte Verhandlungen zu gewährleisten. Im Falle von Meinungsverschiedenheiten sollte die Möglichkeit einer Schlichtung vor dem Nationalen Schlichtungsamt (NSA) während der Verhandlungen über einen PME in Betracht gezogen werden.

Staatliche Beihilfen müssen an Bedingungen geknüpft werden. Heute haben wir manchmal den Eindruck, dass sie nur dazu dienen, die Gewinnmargen der Unternehmen aufrechtzuerhalten. Es muss gefordert werden, dass die Unternehmen zunächst in neue Anlagen und Infrastrukturen (z. B. Kantinen, Kindertagesstätten, …) investieren. Darüber hinaus müssen die Unternehmen Verantwortung übernehmen und Umweltstandards respektieren, prekäre Arbeitsverhältnisse beenden, gute Arbeitsbedingungen gewährleisten und die Arbeitnehmer/innenrechte entlang der gesamten Lieferkette respektieren.

Ein Schwerpunkt muss auf die Bildung gelegt werden, durch ein Recht auf lebenslange Weiterbildung und die Schaffung eines Lernzentrums „Léierbuud“, um in hochwertige Arbeitsplätze und die Zukunft der Industrie in Luxemburg zu investieren. Die Unternehmen müssen ihre Verantwortung für die Finanzierung dieses Ausbildungszentrums übernehmen. Gemeinsam mit den Ministerien und den Schulen würden die Gewerkschaften in die Richtungsentscheidungen des Ausbildungszentrums einbezogen werden.

Unsere Gesundheit, Sozialversicherung und Renten

2023 war der OGBL an der Seite unserer Kolleginnen und Kollegen in Frankreich, die ihr Rentensystem gegen die Angriffe der Regierung verteidigen. In Luxemburg verteidigen wir ebenfalls die Beibehaltung des gesetzlichen Renteneintrittsalters sowie die Rechte auf eine vorzeitige Alterspension.

Unter Berücksichtigung der Situation im Industriesektor in Luxemburg wird der OGBL das Vorruhestandssystem verteidigen und zum Ziel haben, es zu verbessern. Die Bedingungen, die ein Anrecht auf eine Frühpensionierung mit 57 Jahren geben, müssen verteidigt und ausgeweitet werden, unter Berücksichtigung der Besonderheiten und der Beschwerlichkeit.

Die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Industriearbeitnehmer/innen sind für den OGBL eine Priorität. Wir verteidigen entschieden unser öffentliches Gesundheitssystem und der Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung für alle Arbeitnehmer/innen muss garantiert werden. Der OGBL setzt sich für einen besseren Schutz und eine bessere Begleitung der kranken Arbeitnehmer/innen sowie eine angemessene Betreuung bei ihrer Rückkehr an den Arbeitsplatz ein. Die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz ist ebenfalls von zentraler Bedeutung: Mehr Maßnahmen zur Bekämpfung von Mobbing, sexueller Belästigung, Stress und Burnout müssen in der Gesetzgebung und den Kollektivverträgen verankert werden.

Um eine bessere Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zu gewährleisten, müssen den Personaldelegationen mehr Kompetenzen eingeräumt werden, insbesondere dem Sicherheits- und dem Gleichstellungsdelegierten. Sie müssen über die notwendigen Mittel verfügen, um bei Sicherheitsproblemen oder unangemessenen Arbeitsbedingungen wirksam eingreifen zu können. Auf nationaler Ebene sind verbindliche Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit vor extremer Hitze einzuführen, z. B. Temperaturgrenzen für leichte körperliche Arbeit (28°C) (22°C für Arbeitsplätze mit hoher Schwere) oder sitzende Tätigkeiten (28 °C). Das Recht auf Rückzug muss besser definiert und in einen größeren Rahmen eingebettet werden.

Der OGBL kämpft gegen Diskriminierung und Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern oder in Bezug auf die Sexualität in der Industrie. Alle Arbeitnehmer/innen müssen gleich und respektvoll behandelt werden, unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung.

Steuergerechtigkeit für Arbeitnehmer/innen

Dem Phänomen der „kalten Progression“, d. h. einer höheren Besteuerung bei Ablauf einer Indexstufe, muss entgegengewirkt werden, indem die Steuertabelle an die Inflation angepasst wird. Dies wird die Kaufkraft der Arbeitnehmer/innen erhalten, indem verhindert wird, dass sich ihre Indexstufe nicht vollständig in ihrem Nettolohn widerspiegelt.

Um der extrem hohen Rate an „Working Poors“ in Luxemburg entgegenzuwirken, muss der gesetzliche Mindestlohn von der Besteuerung befreit werden. Die niedrigsten Nettolöhne werden angehoben, was zur Verbesserung der Lebensbedingungen dieser Arbeitnehmer/innen beiträgt. Die Steuerklassen müssen ausgeweitet werden, um den „Mëttelstandsbockel“ abzuflachen.

Der OGBL fordert eine konsequentere Besteuerung der Kapitaleinkommen und somit also eine gerechtere steuerliche Behandlung von Arbeit und Kapital. Derzeit werden Kapitaleinkommen im Vergleich zu Löhnen und Gehältern oder Renten steuerlich stark bevorzugt. In der Tat resultieren zwei Drittel der Steuereinnahmen des luxemburgischen Staats aus Lohn- und Rentensteuern. Um die Ungleichheiten zu verringern, fordert der OGBL die Erhöhung des Höchstsatzes der Einkommensteuer für Privatpersonen und die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die eine gerechtere Umverteilung des Reichtums und die Finanzierung qualitativ hochwertiger öffentlicher Dienstleistungen ermöglichen werden.

Schließlich setzen wir uns für die steuerliche Gleichbehandlung von ansässigen Arbeitnehmer/innen und Grenzgänger/innen sowie für eine Überprüfung der Klasse 1a ein, um die Ungerechtigkeiten zu beenden, die Alleinerziehende und Witwen und Witwer treffen.